Aus Linux-Magazin 09/2005

Fünf Linux-Browser im Performance- und Konformitätstest

Der noch junge Firefox will sich nicht nur mit seinen Brüdern Mozilla und Galeon messen, sondern auch gegen den KDE-Günstling Konqueror und den Edelpelz Opera antreten.

Viel ist passiert seit dem letzten großen Webbrowser-Vergleichstest im Linux-Magazin ([1], [2]), so sieht es jedenfalls aus. Dieser Artikel soll zeigen, ob die Veränderungen auch Verbesserungen sind. Die Prognosen sind sonnig: Insbesondere der Nachfolger des einstigen Netscape-Browsers, Mozilla, hat bewiesen, dass man mit Open Source auch größte Softwareprojekte stemmen kann. Auch die anderen Browserentwickler waren zugange, ihren Produkten Kinderkrankheiten auszutreiben. Zu guter Letzt hat auch der einzige Closed-Source-Browser der Pinguin-Plattform, Opera, große Versionssprünge hingelegt.

Dummerweise bleibt auch das Ziel beweglich: die größtmögliche Kompatibilität mit dem Standard, aber auch mit Webseiten, die nicht optimal programmiert sind. Das W3C war nämlich fleißig und hat viele neue Standards geschaffen. Ob man damit dem WWW Gutes getan oder einen Bärendienst erwiesen hat, wird sich zeigen.

Vor knapp drei Jahren schon musste das Linux-Magazin feststellen, dass sich kein einziger Browser, auch nicht der Sicherheitslücken-geplagte De-fakto-Standard auf Windows, Microsofts Internet Explorer, strikt an die W3C-Vorgaben hält. Inzwischen besitzt das über ein halbes Jahrzehnt alte HTML 4 große Popularität, obgleich es offiziell von XHTML abgelöst sein sollte.

Die Vielfalt an Sprachdefinitionen hat längst dazu geführt, dass HTML ihre ursprüngliche Funktion eingebüßt hat: Eine Markup Language zu sein, also eine Sprache, in der man normale Texte einfach anstreicht und so mit Attributen auszeichnet. Abbildung 1 zeigt, wie alle getesteten Browser die Linux-Magazin-Homepage auf ihre Weise rendern.

Webseiten entstehen praktisch nur noch aus Automaten, kaum noch ein Webdesigner sieht sich den von den Engines produzierten Code an, es sei denn, er wäre so fehlerhaft, dass ein populärer Browser, das heißt IE, Mozilla oder Opera, ihn nicht mehr anzeigen könnte. Kaum ein Designer kennt mehr alle Vorgaben der Sprachdefinition, die Überprüfung von Seiten auf Konformität überlassen viele blind Programmen, beispielsweise dem Validator vom W3C.

Cascading Stylesheets waren eine bahnbrechende Erfindung, aber Level 2 hat bis heute kein einziger Browser vollständig implementiert. Und so hat das W3C etwas zurückrudernd mit 2.1 einen weiteren Standard geschaffen, der der Praxis näher ist. Das Problem, dass Webseiten auf den Browsern unterschiedlich aussehen, hat nun auch Microsoft ereilt: Der Internet Explorer hatte mit seiner geradezu extremen Gutmütigkeit, schlechten Code bestmöglich anzuzeigen, zur Verbreitung schlecht kodierter Seiten beigetragen. Jetzt muss Microsoft für die kommende Version 7 ganze drei Ebenen von Kompatibilität beziehungsweise Quirks-Modi einführen, die das Programm automatisch erkennen will.

Der Fall Mozilla

Bei Mozilla kam es zu großer Verwirrung über die künftige Entwicklung. Anfangs waren die Milestones von Mozilla und der Render-Engine Gecko gleich. Später wurden sie getrennt, ein reiner Browser war geboren. Nach zwei Umbenennungen erhielt er den Namen Firefox und wurde auf einen Schlag auch außerhalb der Linux-Gemeinde populär. Die Mozilla-Suite war offiziell abgekündigt – leider mit changierender letzter Versionsnummer.

Das ging so weit, dass selbst Entwickler nicht mehr wussten oder nicht daran glaubten, dass der Suite wirklich ein Ende beschert sei. Sie entwickelten für eine Version 1.8, die niemals erscheinen wird. Schließlich sah sich die Trägerorganisation, die Mozilla-Foundation, zu einer öffentlichen Entschuldigung bei den Entwicklern genötigt.

Die Foundation hatte die Nachfrage nach der Suite offenbar unterschätzt. Zuletzt gab es eine Art kleine Revolution, als sich ein Trupp Entwickler entschloss Mozilla weiterleben zu lassen. Doch die Foundation verweigert ihren Segen. Da sie die Namensrechte besitzt, mutiert der untote Mozilla 1.8 Beta 3 nun zu Seamonkey 1.0 Alpha – das ist der alte Codename für die Suite. Die Versionsnummer darf, so will es die Foundation, nicht den Eindruck erwecken, Seamonkey sei ein Nachfolger von Mozilla – obwohl dem so ist. Leider wurde Seamonkey nicht rechtzeitig zum Test fertig.

Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, begann in den letzten Wochen auf Bugzilla eine Diskussion über Sicherheitsmechanismen, die sich mit geschickten Scharaden über das GUI Chrome und Javaskript aushebeln lassen, was prinzipiell wohl auch unter Linux geht. Damit hat Mozilla, wenn dies nicht schnell abgestellt wird, ein ähnliches Problem mit Client-seitigen Skripten wie der IE.

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